Die *Weihnachtsgeschichte nach Johannes
*minimal anders akzentuierte, theologisch aber hochgradig faszinierende
Mein Sohn Elias ist gerade munter dabei, diverse Strophen, Verse und Sprüche, die Weihnachten zum Thema haben, auswendig lernen zu wollen. Zu meinem Leidwesen habe ich es noch nicht geschafft, ihn von „Adeste Fideles“ zu überzeugen. Auf dem Weg zur Kita ist in den letzten Tagen daher morgens vermehrt eher so etwas wie „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ von hinten rechts auszumachen, oder alternativ auch der Kinderreimklassiker: „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei dann drei, dann vier. Dann steht das Christkind vor der Tür. Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt.“
Dass uns das auch in diesem Jahr auf gar keinen Fall passiert, dazu helfen gewisse Routinen. Die Adventszeit zu nutzen und sich gedanklich und emotional ausrichten zu können auf das, was die Essenz von Weihnachten ausmacht. Aber was ist diese eigentlich exakt?
Von Matthäus und Lukas werden wir informiert über die Geburts- und Kindheitsgeschichte mit magisterialem Besuch und geradezu modern anmutender Unterkunftsnot, bekommen die Erfüllung teils jahrhundertealter Prophezeiungen ebenso angedeutet wie kleine Einblicke in die Biographie zweier Menschen, die irgendwie ins Zentrum einer bahnbrechenden Geschichte katapultiert werden und denen dabei gleichzeitig noch lange über ihren eigenen Tod hinaus zumindest in den Augen einiger Skandalöses anhaften bleibt. So faszinierend all diese Details per se sein mögen, sind sie doch nicht der zentrale Aspekt der Weihnachtsgeschichte.
Formuliert finden wir diesen in atemberaubender Deutlichkeit an diversen Stellen im Prolog des Johannes-Evangeliums, u.a. bereits im allerersten Vers (Joh 1,1): „Am Anfang war das Wort; das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Bereits zu Beginn seines Evangeliums konfrontiert uns der Autor mit einem unglaublichen Gedanken. Dieses ‚Wort‘ [gr. λόγος‚ (logos)] hat nicht nur göttliche Charakterzüge, sondern vollumfänglich Teil an der Realität Gottes. Der logos ist nicht wie bei Heraklit und den Stoikern in seiner Nachfolge ein quasigöttliches, aber unpersönliches Prinzip, das für die Ordnung des Kosmos zuständig ist. Nein, der logos ist wahrhaftig göttlichen Wesens und personal. Daran wollte Johannes keinen Zweifel lassen. Ebensowenig daran, dass dieser logos von diesem Menschen Jesus personifiziert wird.
Die Geschichte Jesu beginnt also keinesfalls erst in Bethlehem. Zwar betritt er dort die Geschichte der Menschheit, aber als logos war er von aller Anfang an (bei) Gott, sogar vor Grundlegung der Schöpfung. Und exakt hier findet sich die Essenz von Weihnachten, nämlich das sowohl Unerwartete als auch Unerwartbare: In Jesus kommt der Himmel zur Erde. Gott selbst wird Mensch, wörtl. Inkarnation.
Wenn das wahr ist, was uns die klassischen Weihnachtsberichte und die Weihnachtsgeschichte nach Johannes berichten, dann ist das nicht weniger als die erwähnenswerteste Nachricht der Menschheitsgeschichte, dann ist das buchstäblich Evangelium: frohe, gute Freudenbotschaft.
Denn es bedeutet zum Einen entgegen jeder atheistischer Überzeugung:
Gott ist tatsächlich real.
Ferner bedeutet es entgegen jeden deistischen Pessimismus:
Wir sind ihm absolut nicht egal.
Und schlussendlich gegen sämtliche postmoderne Beliebigkeitsspekulation: Wir sehen in ihm nicht nur, wie Gott tatsächlich ist, sondern auch, was wahr, wertvoll und erstrebenswert ist – und das in einer Weise, die tatsächlich unsere Antwort erfordert:
Welche Konsequenzen hat das Wissen um diese Essenz von Weihnachten für Dich ganz konkret?
Diese Frage müssen wir uns selbst stellen und beantworten.
Vielleicht bietet die Weihnachtsgeschichte nach Johannes nicht das beste Krippenspielmaterial, in puncto Aussagegehalt muss sie sich vor niemandem verstecken.
♥